Der Winter hat ein Ende

Nachdem wir heute wieder ñoquis gegessen haben (der 29. !), habe ich das Wetter heute richtig genossen. Es sind ca. 25 Grad und nach allgemeiner Aussage wird es nun nicht mehr kalt. Außerdem war es wohl der kälteste und längste Winter, den meine Gastmama je miterlebt hat. Der Winter generell wird eher als vorrübergehendes Übel angesehen, statt als eine Jahreszeit. Wenn es regnet und kalt ist, bleibt man lieber zuhause. Wenn es kalt ist, sind die Klassenräume nur halb voll. Und als es dann eines Morgens fast 0° C waren, saßen in meiner Parallelklasse genau 3 Leute.
Die Erleichterung ist also groß, dass von nun an keine polare Luft ihren Weg mehr bis zu uns finden wird und endlich der Frühling kommen kann. Für mich hat sich das Winterwetter zwar eher angefühlt wie Herbst, weil auch Tage mit  30°C darunter waren, doch da die Häuser hier nicht beheizt sind, war es auch für mich keine Freude. Die Außenwände der Häuser sind dünner als in Deutschland und meine Schule ist ein zugiger, saukalter Ort. (Das ist eine Privatschule und wohl auch eine der schöneren – Wie ist das denn bitte in den öffentlichen Schulen mit der Kälte ?!)

Nun mal etwas ganz anderes: Mich faszinieren die Leute hier immer aufs Neue. Rassismus existiert eigentlich nicht. Wie auch, wenn jeder Vorfahren und Verwandte aus aller Welt hat? Die allgemeine Toleranz gegenüber allem ist hoch, auch unter Jugendlichen ist schwul oder bisexuell sein nichts Aufsehen erregendes. Wie das im Einklang mit dem Machismo funktioniert, ist mir ein absolutes Rätsel 😉

Un día es un día

Was so viel heißt wie: Man gönnt sich ja sonst nichts. Also lasse ich es mir heute richtig gut gehen, denn „El amor entra por la cocina“ und Liebe geht durch den Magen. Wir werden heute wohl Pizza backen und Chocotorta essen, ich genieße das süße Leben hier und feiere meinen Geburtstag.

Austauschschüler unter sich…

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… gibt es hier eigentlich nicht. Wenn wir uns mit unserer Counsellorin treffen, dann ist das meist mit Mate trinken in mehr oder weniger großer Runde verbunden. Also waren wir neulich im Haus von Jorge, der als Austauschschüler in die USA reisen wird, und haben reichlich Snacks gegessen, Olivias amerikanischen Kuchen probiert und unseren Neuling hier willkommen geheißen: Oba Tetsu aus Taiwan. Die Tischgespräche waren in Spanisch und Englisch gemischt und ich bin froh, dass ich von meinem Englisch nicht ganz soviel vergessen habe wie vom Französischen. Denn in Französisch kann ich ohne nachzudenken nicht einmal mehr bis 10 zählen. Ich probiere es und will Französisch reden und es kommt einfach auf Spanisch raus.

Nur sind wir also schon 3 Rotary-Austauschschüler im Club Posadas Oeste und übermorgen kommt noch Manon, eine Französin. Obwohl ich übermorgen auch Geburtstag habe, verbinde ich mit dem Datum im Moment viel eher ihre Ankunft als meinen Geburtstag, was wohl daran liegt, dass mir dieses Leben hier noch wie ein Traum vorkommt. Ein Traum, aus dem ich eher nicht vorhabe aufzuwachen, da es mir so gut gefällt und es trotz einiger Hindernisse so unrealistisch genial ist. Manchmal ärgere ich mich zu Tode, weil mir Wörter entfallen, die ich eigentlich kenne, und an anderen Tagen bin ich stolz wie Oskar, dass ich nach einem Monat schon recht gut spreche. Wenn ich das dann noch gesagt bekomme, weil manche mich nur in der ersten Woche und dann jetzt sprechen gehört haben, dann bin ich glücklich über meine Fortschritte, auch wenn meine Grammatik mehr als haarsträubend ist und meine Aussprache fürchterlich ist. Aber ich verstehe sie und sie mich, das ist am wichtigsten.

In der Schule ging alles drunter und drüber und ich musste leider die Klasse wechseln. Zuerst war ich in der 5to, weil ich unwissend wie ich bin, mich von der Sekretärin in eine Klasse schicken lassen habe. Da hier die Durchschnittsgröße hier nun doch ein bisschen kleiner ist und ich größer bin als die meisten Mädchen (und viele Jungs) bin, hat sie mich wohl in die falsche Klasse geschickt.

In meiner ersten Woche habe ich mich sehr gut mit der Klasse verstanden und habe mich am Wochenende dann auch schon mit 2 Mädchen getroffen, doch dann musste ich wechseln. Weshalb? Weil rein theoretisch vielleicht irgendjemand in ferner Zukunft ein Problem damit haben könnte und weil diese Möglichkeit bestand, war es dann beschlossene Sache – und eigentlich auch kein Problem. Auch wenn meine neue Klasse ruhiger, schüchterner und nicht so extrovertiert ist, verstehe ich mich gut mit meinen Sitznachbarn. Die anderen sehe ich ja weiterhin in den Pausen, was ja bei ca. 250 Schülern keine Kunst ist. Außerdem haben wir den Schulsport gemeinsam mit den Mädchen der 5to.

Auch wenn in der neuen Klasse ab und an von mir erwartet wird, dass ich arbeite, ist für mich doch alles entspannt. Mein Lehrer für Psychologie ist klasse, mit meiner Englischlehrerin stimmt die Chemie nicht so ganz. Meine Klasse gehört der Sektion Humanidades, also Geisteswissenschaften an. Ich habe also recht wenig Mathe, Englisch oder Naturwissenschaften und stattdessen viele verschiedene Fächer die sich mit Recht und ähnlichem befassen. Ironischerweise verstehe ich Texte mit viel Fachvokabular besser als Texte mit schwierigen spanischen Wörtern, weil die Wörter meist lateinischen Ursprungs sind und in Deutschland genau gleich sind.

Wie ich das Wochenende verbringe weiß ich noch nicht, alles ist immer schön spontan und ungeplant.

P.S.: Da mich ziemlich oft die Frage nach mehr Fotos erreicht: Die meisten Fotos, die ich mache, sind Fotos von den Köstlichkeiten, die meine Gastmama in der Küche zaubert.

Schulanfang

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Da die Winterferien jetzt zu Ende sind, war ich Donnerstag und heute in der Schule. Das Colegio del Carmen ist eine ziemlich kleine Schule, alles ist sehr übersichtlich und jeder kennt jeden. Ich bin in der 5to, also in einer Abschlussklasse. Meine Klasse ist klein, wir sind nur 16 Schüler und es macht auf jeden Fall Spaß, mit ihnen Blödsinn zu machen. Dass ich vom Stoff in manchen Fächern eher gar nichts verstehe, hat bis jetzt auch keinen Lehrer oder Schüler gestört. Irgendwie macht man einen Großteil der Zeit einfach nichts oder mehr oder weniger Gruppenarbeit. Ansonsten ist es Frontalunterricht, der je nach Lehrer eher mäßig erfolgreich ist. Die Atmosphäre ist locker, nur das Handy sollte nicht sichtbar sein. Die Schüler hier passen die Uniform etwas an, der Rock ist höher und somit kürzer, die Haare offen statt im Zopf oder die Herren lassen ihre schwarzen Lederschuhe stehen und laufen kurzerhand in Socken herum. Also alles viel weniger streng, als ich das erwartet habe. Mein normaler Unterricht geht von 7 Uhr morgens bis 12 Uhr. Freitags habe ich dann noch Sport am Nachmittag für 2 Stunden.

Wenn ich nicht gerade in der Schule oder in meinem neuen Zuhause hier bin, spiele ich Volleyball, trinke Mate an der Costanera, der Uferpromenade des Río Paraná, oder treffe mich mit Bekannten, die vielleicht schon bald zu neuen Freunden werden. Denn der Umgang untereinander hier ist entspannt, offen und Verabredungen sind zwanglos. Das macht es mir hier leichter, neue Leute zu treffen, doch mein einziges Problem hier ist, dass ich ständig die Namen vergesse, weil sie alle so fremd klingen.