… gibt es hier eigentlich nicht. Wenn wir uns mit unserer Counsellorin treffen, dann ist das meist mit Mate trinken in mehr oder weniger großer Runde verbunden. Also waren wir neulich im Haus von Jorge, der als Austauschschüler in die USA reisen wird, und haben reichlich Snacks gegessen, Olivias amerikanischen Kuchen probiert und unseren Neuling hier willkommen geheißen: Oba Tetsu aus Taiwan. Die Tischgespräche waren in Spanisch und Englisch gemischt und ich bin froh, dass ich von meinem Englisch nicht ganz soviel vergessen habe wie vom Französischen. Denn in Französisch kann ich ohne nachzudenken nicht einmal mehr bis 10 zählen. Ich probiere es und will Französisch reden und es kommt einfach auf Spanisch raus.
Nur sind wir also schon 3 Rotary-Austauschschüler im Club Posadas Oeste und übermorgen kommt noch Manon, eine Französin. Obwohl ich übermorgen auch Geburtstag habe, verbinde ich mit dem Datum im Moment viel eher ihre Ankunft als meinen Geburtstag, was wohl daran liegt, dass mir dieses Leben hier noch wie ein Traum vorkommt. Ein Traum, aus dem ich eher nicht vorhabe aufzuwachen, da es mir so gut gefällt und es trotz einiger Hindernisse so unrealistisch genial ist. Manchmal ärgere ich mich zu Tode, weil mir Wörter entfallen, die ich eigentlich kenne, und an anderen Tagen bin ich stolz wie Oskar, dass ich nach einem Monat schon recht gut spreche. Wenn ich das dann noch gesagt bekomme, weil manche mich nur in der ersten Woche und dann jetzt sprechen gehört haben, dann bin ich glücklich über meine Fortschritte, auch wenn meine Grammatik mehr als haarsträubend ist und meine Aussprache fürchterlich ist. Aber ich verstehe sie und sie mich, das ist am wichtigsten.
In der Schule ging alles drunter und drüber und ich musste leider die Klasse wechseln. Zuerst war ich in der 5to, weil ich unwissend wie ich bin, mich von der Sekretärin in eine Klasse schicken lassen habe. Da hier die Durchschnittsgröße hier nun doch ein bisschen kleiner ist und ich größer bin als die meisten Mädchen (und viele Jungs) bin, hat sie mich wohl in die falsche Klasse geschickt.
In meiner ersten Woche habe ich mich sehr gut mit der Klasse verstanden und habe mich am Wochenende dann auch schon mit 2 Mädchen getroffen, doch dann musste ich wechseln. Weshalb? Weil rein theoretisch vielleicht irgendjemand in ferner Zukunft ein Problem damit haben könnte und weil diese Möglichkeit bestand, war es dann beschlossene Sache – und eigentlich auch kein Problem. Auch wenn meine neue Klasse ruhiger, schüchterner und nicht so extrovertiert ist, verstehe ich mich gut mit meinen Sitznachbarn. Die anderen sehe ich ja weiterhin in den Pausen, was ja bei ca. 250 Schülern keine Kunst ist. Außerdem haben wir den Schulsport gemeinsam mit den Mädchen der 5to.
Auch wenn in der neuen Klasse ab und an von mir erwartet wird, dass ich arbeite, ist für mich doch alles entspannt. Mein Lehrer für Psychologie ist klasse, mit meiner Englischlehrerin stimmt die Chemie nicht so ganz. Meine Klasse gehört der Sektion Humanidades, also Geisteswissenschaften an. Ich habe also recht wenig Mathe, Englisch oder Naturwissenschaften und stattdessen viele verschiedene Fächer die sich mit Recht und ähnlichem befassen. Ironischerweise verstehe ich Texte mit viel Fachvokabular besser als Texte mit schwierigen spanischen Wörtern, weil die Wörter meist lateinischen Ursprungs sind und in Deutschland genau gleich sind.
Wie ich das Wochenende verbringe weiß ich noch nicht, alles ist immer schön spontan und ungeplant.
P.S.: Da mich ziemlich oft die Frage nach mehr Fotos erreicht: Die meisten Fotos, die ich mache, sind Fotos von den Köstlichkeiten, die meine Gastmama in der Küche zaubert.